Bertha Harlan
Bertha Elisa Harlan geb. Bienert (* 24. Juli 1846 in Dresden; † 3. November 1887 ebenda) war eine Tochter des Mühlenbesitzers Traugott Bienert und die Ehefrau des Konsuls und späteren Bankinhabers Otto Harlan (1840–1905).
[Bearbeiten] Familie
Bertha Elisa Bienert entstammte aus der gleichnamigen, traditionsreichen Müllerfamilie Bienert, die bis in das 14. Jahrhundert zurück verfolgbar ist. Erster Namensträger war Heinrich Bener, der 1360 Müller in Freitelsdorf war. Die ununterbrochene Stammfolge beginnt mit Georg Biner (auch Georg Bienert, 1510–1585), der Müller in Leppersdorf bei Radeberg war und teilt sich ab dem Ende des 16. Jahrhunderts und Anfang des 17. Jahrhunderts in vier Hauptlinien, von denen drei Linien das Müllergewerbe weiterverfolgten.
Bertha wurde als zweitälteste Tochter von Gottlieb Traugott Bienert (* 21. Juli 1813 in Eschdorf; † 22. Oktober 1894 in Dresden) und dessen Ehefrau Christiane Wilhelmine Leitholdt (* 29. Januar 1819 in Schullwitz bei Dresden; † 4. Oktober 1904 in Dresden), die Tochter des Rittergutsbesitzers und Landrichters zu Schullwitz sowie späterem Landtagsabgeordnetem Johann Gottlob Leitholdt († 1859)[1] geboren. Bertha hatte noch vier Schwestern und zwei Brüder:
- Ida (1844–1918), heiratete den Königlich Sächsischen Kommerzienrat Otto Römer.
- Clara (1850–1926), heiratete den späteren Königlich Sächsischen Generalmajor Oskar von Krauß (1835–1915).
- Martha Elise (1854–1904), heiratete den Königlich Sächsischen Justizrat, Dr. jur. Gottlob Eduard Wolf (1846–1923). Das Paar hatte fünf Kinder.
- Minna Amalia (1855–1920), heiratete den Kommerzienrat Friedrich Dierig (1845–1931) und setzte die gemeinnützige Arbeit nach dem Vorbild ihres Vaters in Schlesien fort.
- Ernst Theodor (1857–1935), später gemeinsam mit seinem Bruder Fabrikbesitzer der Bienert- und Hafenmühle, Ehrensenator der Technischen Hochschule Dresden. Er heiratete Emma A. Bertha Suckert (1868–1945), Tochter des Fabrikbesitzers Suckert aus Oberlangenbielau in Schlesien. Das Ehepaar war Mitglied des Hauptmann-Kreises in Schreiberhau und hatte fünf Kinder.
- Moritz Erwin (1859–1930), später gemeinsam mit seinem Bruder Fabrikbesitzer der Bienert- und Hafenmühle. Er heiratete Ida Suckert (1870–1965). Das Paar hatte fünf Kinder. Ihr Sohn Friedrich (1891–1969) erbte nach dem Tod seines Vaters und seines Onkels das Familienunternehmen.
Bertha Bienert heiratete 1867 den Konsul Otto Harlan (1840–1905), Kaufmann, Bankier und Landwirt [2]. Das Paar hatte acht Kinder, u.a.:
- Walter Harlan (* 25. Dezember 1867 in Dresden; † 14. April 1931 in Berlin), ursprünglich Jurist (Dr. jur.), später Schriftsteller und Dramaturg, unter anderem am Berliner Lessingtheater. Er heiratete Adele Boothby (1869–1933/34) und gilt als Begründer der Künstlerfamilie Harlan. Das Paar hatte sieben Kinder, u.a. den Schauspieler und Regisseur Veit Harlan (1899–1964) sowie den Musiker Peter Harlan (1898–1966). Eine bekannte Vertreterin dieser Linie ist auch die Schauspielerin Christiane Kubrick (* 1932), zweite Ehefrau des US-amerikanischen Regisseurs Stanley Kubrick (1928–1999) eine Ur-Ur-Enkelin Traugott Bienerts.
- Erich Harlan (1871–1936), Konsul der Republik Columbia, Besitzer verschiedener Dresdner und Berliner Fabriken. Er führte das Bankhaus seines Vaters Otto weiter, war maßgeblich an der Industrialisierung in Heidenau beteiligt und heiratete Gertrud Calberla (1873–1942) aus der gleichnamigen Dresdner Unternehmerfamilie.
- Wolfgang Harlan (1882–1951), Flugzeugingenieur und Auto-Industrieller.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Über die Töchter von Traugott Bienert ist nur wenig überliefert. Sie waren - entsprechend der damaligen Einstellung zu Frau und Familie - meist „nur“ eine „gute Partie“, brachten aber für ihre Ehegatten ein nicht unbeträchtliches Vermögen mit in die gemeinsame Ehe.
Bereits im Frühjahr 1866 hielt Otto Harlan, Sohn eines hugenottischen Einwanderers um die Hand von Bertha Bienert an, wurde aber von deren Vater Traugott Bienert entrüstet zurückgewiesen. Als wenige Wochen später in Plauen ein Turnfest mit mehreren tausend Turnern auf einer Festwiese stattfand, kletterte Otto Harlan mit einem großen Blumenstrauß die zwei Meter hohe Ehrentribüne hoch, wo die Müllersfamilie Bienert saß und machte Bertha ein zweites Mal einen Heiratsantrag. Offensichtlich muss dies selbst Traugott Bienert beeindruckt haben, der ja selbst über gesellschaftliche Schranken hinweg seine Ehefrau geheiratet hat.
1868 wurde Otto Harlan, vor allem auch mit den Einlagen von Bertha, die sie mit in die Ehe brachte, Mitinhaber des Dresdner Bankhauses „Heinrich Wilhelm Bassenge“.[3] 1888 ging das Bankhaus in den Besitz von Otto Harlan über. Das Paar wohnte anfangs in der Bergstraße 10, später am Neumarkt 6 in Dresden.[4][5] Bertha und Otto Harlan sind auf dem Alten Annenfriedhof begraben. Der Engel des einst prunkvollen Grabes steht heutzutage im Eingangsbereich des Friedhofes.
Die Industriellenfamilie Harlan gehörte Anfang des 20. Jahrhunderts zu den reichsten Familien Sachsens. 1912 wurde das Vermögen der Familie auf fünf Millionen Mark und das jährliche Einkommen auf 300.000 Mark beziffert.[6] In Heidenau gab es bis 1945 noch eine Erich-Harlan-Straße.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ In vielen Publikationen wird der Name seiner Frau und des Schwiegervaters mit Leuthold(t) angegeben. Die hier verwendete Namensform orientiert sich an dem in der Datenbank des Sächsischen Landtags verwendeten Familiennamens von Johann Gottlob Leitholdt
- ↑ Veit Harlan in der Neuen Deutschen Biographie
- ↑ Zeitschrift "Hugenotten" Nr. 1/2008, S.28
- ↑ Adreß- und Geschäftshandbuch der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Dresden für das Jahr 1868, Seite 96 auf genealogy.net
- ↑ Consul Harlan, Dresden, Schatzmeister des des Sächsischen Fischereivereins
- ↑ Zum Vergleich: Die Vermögen der beiden Söhne von Traugott Bienert, Erwin und Theodor werden zur gleichen Zeit mit 9 Millionen Mark angegeben. Rudolf Martin: Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre im Königreich Sachsen, Berlin 1912, S. 14
- Die Geschichte der Familie Bienert in: Dresdner Hefte 116, Beiträge zur Kulturgeschichte, 31. Jahrgang 4/ 2013, herausgegeben vom Dresdner Geschichtsverein, Gesamtredaktion Hans-Peter Lühr, S. 37 f.: Die Töchter des Gottlieb Traugott Bienert, Christian Mögel
- Deutsches Rolandbuch für Geschlechterkunde, herausgegeben vom Rolandverein zur Förderung der Stamm-, Wappen- und Siegelkunde, 1. Band, Dresden 1918