Kunstwart-Verlag

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Ferdinand Avenarius - Gründer und langjähriger Herausgeber des Kunstwart.
Titelgrafik 1887
Titelblatt 1908
Im Dürerbundhaus befanden sich ab 1911 Redaktionsräume.

Der Kunstwart-Verlag wurde als Eigenverlag zur Herausgabe der Zeitschrift Der Kunstwart gegründet. Als deutschlandweite Plattform für Ideen der Kulturreformbewegung besaß sie die Meinungsführerschaft zu allen Themen der Kultur und Ästhetik. "Der Kunstwart war damals eine geistige Macht in Deutschland", wie sich später der erste Bundespräsident, Theodor Heuss, erinnerte, der selbst als Rezensent für den Kunstwart tätig gewesen war.

Ferdinand Avenarius gründete im Oktober 1887 die Zeitschrift Der Kunstwart als "Rundschau über alle Gebiete des Schönen" zu Themen der Literatur, Theater, Musik und zu den bildenden Künsten. Er setzte dafür sein ganzes Erbe von seinem zwei Jahre zuvor verstorbenen Vater, Eduard Avenarius, ein. Zu den ersten Autoren gehörte Cornelius Gurlitt, ab 1890 kamen Paul Schumann und Leonhard Lier vom Dresdner Anzeiger hinzu. Avenarius blieb aber neben seiner Redaktionstätigkeit der wichtigste Autor. Der Kunstwart fühlte sich einer Bewegung "Kunst für alle, Musik für alle, Wissen für alle" verpflichtet. Gleichzeitig sollte damit ein Ungleichgewicht in der vorherrschend rationalen Welt behoben werden.[1] Zu den bekanntesten frühen Mitarbeitern zählten auch Friedrich Kummer und Karl Söhle, ab 1893 Redakteur bzw. freier Musikkritiker beim Kunstwart.

Der Kunstwart-Verlag hatte seinen Sitz Stephanienstraße 1 bzw. Stephanienplatz 3.[2] Er geriet früh in wirtschaftliche Schwierigkeiten und wurde 1892 von der Druckerei Kreyß und Kunath in der Pillnitzer Straße 51 zeitweilig übernommen.[3] Als die Abonnentenzahl weiterhin bei etwa 600 stagnierte, verkaufte Avenarius am 1. April 1894 die Hälfte des Kunstwart an den Callwey Verlag München.

Der Kunstwart blieb auch nach dem Verkauf mit Dresden eng verbunden. Callwey übernahm die bekannte Marke und nannte seinen Verlag Kunstwartverlag Georg D.W. Callwey. Avenarius wirkte von Dresden aus als Herausgeber. Der 1902 gegründete Dürerbund verstand sich als Verein zur Förderung des Kunstwartgedankens - und auch als dessen Vertriebsorgan. Gemeinsam gab man eine Sammlung Meisterbilder und Künstlermappen für das deutsche Haus heraus. 1904 erreichte der Kunstwart bereits 22000 Abonnenten. Er wurde zum Bildungsblatt des mittleren Bürgertums schlechthin. Zu den bekanntesten Autoren jener Zeit zählte Oskar Walzel, ein 1907 gleichzeitig an die TH Dresden und die Kunstakademie berufener Literaturhistoriker. 1908 übernahm Wolfgang Schumann den Literaturteil der Zeitschrift. Im Dürerbundhaus in Blasewitz befanden sich ab 1911 die Dresdner Redaktionsräume.

Enge Beziehungen bestanden zur Gartenstadt Hellerau. Callwey weilte mehrfach beim Geschäftsführer der Vertriebsstelle Deutscher Qualitätsarbeit, Gustav Lehmann[4]. Avenarius gewann den Kinowissenschaftler Hermann Häfker und den Initiator der Werkbundidee Hermann Muthesius als Autoren. In den Jahren 1912 bis 1915 und 1919 bis 1925 erschien die Zeitschrift unter dem Titel "Kunstwart und Kulturwart", die Ausgaben zur Zeit des Ersten Weltkriegs unter dem Titel "Deutscher Wille". Die größte Zahl der Beiträge stammte von Ferdinand Avenarius und Wolfgang Schumann, auch Cornelius Gurlitt schrieb wieder für die Zeitschrift.

1920 verkaufte Avenarius zugunsten von Rentenzahlungen für sich und seine Frau, Else Avenarius, die restlichen Anteile am Kunstwart an Callwey. Nach Avenarius' Tod übernahm dessen Stiefsohn, Wolfgang Schumann, die Herausgeberverantwortung. In dieser Zeit befanden sich 45 Künstlermappen, z. B. zu Ludwig Richter und Käthe Kollwitz, und etwa 30 Editionen der Kunstwart-Bücherei, darunter v. a. Klassiker, im Verlagsprogramm. Die Künstlermappen erschienen in einer Gesamtauflage von 1,3 Mio. Weitere bekannte Reihen waren Das Hausbuch deutscher Lyrik und Das Balladenbuch.

Die Folgen des Ersten Weltkriegs, wirtschaftliche Krisen, aber auch Schumanns glückloses Agieren führten zu einem Abstieg von Kunstwart und Dürerbund. Schumanns hochliterarischer Anspruch überforderte teilweise die Leserschaft. Es gab aber auch politische Differenzen. Die Klientel des Kunstwart war eher bürgerlich geprägt, Schumann bekannte sich zu sozialistischen Gesellschaftsmodellen. 1926 wurde er vom Callwey Verlag München aus der Leitung des Kunstwart entlassen. Durch die Mitarbeit beim Kunstwart begann die lebenslange Freundschaft von Marianne Bruns mit Wolfgang und Eva Schumann, die für den Verlag übersetzte.

Der Kunstwart erschien von 1932 bis 1937 unter dem Titel "Deutsche Zeitschrift: Monatshefte für eine deutsche Volkskultur" und ging dann auf in "Das innere Reich: Zeitschrift für Dichtung, Kunst und deutsches Leben". Er stand für die Bewahrung bürgerlicher Ideale in der Tradition der Aufklärung unter den Bedingungen der aufkommenden Industriegesellschaft, für einen konservativen und teilweise antisemitischen Patriotismus und in der Nazizeit für die innere Emigration.

[Bearbeiten] Autoren beim Kunstwart-Verlag

Ferdinand Avenarius | Marianne Bruns | Cornelius Gurlitt | Hermann Häfker | Karl Hanusch | Friedrich Kummer | Eva Schumann | Wolfgang Schumann | Paul Schumann | Karl Söhle | Heinrich Tscharmann | Oskar Walzel

[Bearbeiten] Bildergalerie

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Ferdinand Avenarius über die schönen Künste: Erstausgabe von Der Kunstwart
  2. Adressbuch der Stadt Dresden, 1892
  3. Adressbuch der Stadt Dresden, 1896
  4. Claudia Beger: "Gartenstadt Hellerau - Architekturführer", Deutsche Verlags-Anstalt, 2008, S. 140

[Bearbeiten] Weblinks

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