Schilling & Graebner
Schilling & Graebner war ein Dresdner Architekturbüro, das deutschlandweit vor allem für seine am Jugendstil orientierten Kirchen und Villen bekannt geworden ist. Ihre Strehlener Christuskirche markiert den Übergang des deutschen Sakralbaus vom Jugendstil zur Reformarchitektur der frühen Moderne.
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[Bearbeiten] Geschichte
Rudolf Schilling und Julius Graebner gründeten ihr gemeinsames Büro 1889. Sie bevorzugten zunächst einen historisierenden Stil, entwickelten jedoch später eine typische, am Jugendstil bzw. der Reformarchitektur orientierte Bauweise. Ihren Ruhm begründeten die Bauten der Jahre 1896 und 1897. Sie entwarfen mit dem neobarocken Kaiserpalast Dresdens reichstes Geschäftsgebäude und erhielten anlässlich des 800. Jahrestages des Hauses Wettin den Auftrag, vor dem Residenzschloss einen Obelisken zu errichten. Bei diesem Werk arbeiteten sie mit Rudolf Schillings Vater zusammen, dem berühmten Bildhauer Johannes Schilling. Ab 1897 gestalteten sie mit Elementen des Neobarocks und Jugendstils das Innere der durch einen Brand zerstörten Kreuzkirche.
Beide Architekten traten der Donnerstags-Vereinigung Dresdner Architekten bei, leiteten ab 1900 die Dresdner Bau- und Sparverein GmbH, gehörten der Dresdner Künstlergruppe Die Zunft, dem Sächsischen Altertumsverein sowie dem Deutschen Werkbund an. Sie wurden u. a. von Cornelius Gurlitt beraten. Ihre Büros befanden sich in der Moritzstraße 8b bzw. in der König-Johann-Straße und Kleine Frohngasse 1.[1],[2] Im Atelier von Schilling & Graebner erhielten weitere bekannte Architekten eine Ausbildung, z. B. Heinrich Straumer nach seinem Studium bei Paul Wallot.
Nach dem Tod des Vaters 1917 trat Erwin Graebner (* 9. Februar 1895) als Geschäftspartner in das Büro ein und führte es nach Schillings Tod 1933 noch bis zu seinem Tod am 30. April 1945[3] weiter.
[Bearbeiten] Werke in Dresden und Umgebung (Auswahl)
Etwa ein Drittel aller Bauten des Architekturbüros betreffen protestantische Kirchen. Zu den bekanntesten zählen die Lutherkirche Radebeul, die Christuskirche Strehlen sowie die Zionskirche in der Südvorstadt. Viele Abbildungen zu den Werken finden sich in der Deutschen Fotothek. Schilling und Graebner unterstützten zudem aktiv die Landkirchenbewegung, die sie auch zu Pariser Weltausstellung von 1900 präsentierten.[4]
[Bearbeiten] Kirchen
- Lutherkirche, Radebeul (1891)
- Innenausbau der Kreuzkirche (bis 1900, 1945 teilweise zerstört)
- Christuskirche, Strehlen (bis 1905)
- Superintendentur an der Kreuzkirche (1907)
- Zionskirche, Nürnberger Straße (bis 1914, 1945 zerstört)
Lutherkirche Radebeul (Historismus)
Innenausbau der Kreuzkirche (Jugendstil)
[Bearbeiten] Denkmale
- Fabrice-Mausoleum für Graf Alfred von Fabrice (1893 gemeinsam mit Constantin Lipsius erbaut, 1992 von der Bundeswehr restauriert, Bronzestatue von Johannes Schilling)
- Wettin-Obelisk (1896, 1945 zerstört)
- Feierhalle St. Pauli Friedhof (1911)
Feierhalle St. Pauli Friedhof
[Bearbeiten] Wohn- und Geschäftsgebäude
- Goetheallee 24 (1891), 26 (1891, 1979 abgebrannt), 43 (1894), 55 (Mitwirkung, 1895)
- Villa Barteldesplatz 2 (1893)
- Eckhaus König-Johann-Straße/Galeriestraße (1894, 1945 zerstört)
- Villa für Ferdinand Avenarius, Wachwitzer Straße 3 (1894, 1945 zerstört)
- Kaiserpalast (bis 1896, 1945 zerstört)
- Sächsische Handelsbank (1900, 1945 zerstört)
- Villa für Gerhart Hauptmann, Hochuferstraße 12 (bis 1900, 1945 zerstört)
- Villa für Dr. Ginsberg in Strehlen (1900)
- Hähnelstraße 13 (1901, 1945 zerstört)
- Damenturnhalle und Fernheizwerk mit Anbauten im Lahmann-Sanatorium (1913/14)
- Küchenumbau und Magazin-Gebäude ebenda (1923)
- Villa Doehn, Emser Allee 38
- Villa Hietzig, Weißer Hirsch
- Villa K. in Loschwitz
- Villenkolonie Altfriedstein in Niederlößnitz (um 1900 bis 1917)
- Speisesaal im Lahmann-Sanatorium
- Kriegerheimstättensiedlung Trachau (Schützenhofstraße, Kopernikusstraße), (1921 bis 1926)
- Großsiedlung Trachau, u. a. mit Carl Rade (1928–1939)
- Siedlung Frauendank, Laubegast
- Gemeinnützige Wohnungsbau AG, Seidnitz
- Heimstättengenossenschaft, Reick
Villa Muttersegen, Goetheallee 24 (Historismus)
Villa für Ferdinand Avenarius
Sächsische Handelsbank, Johannisallee 12 (Jugendstil)
Villa für Gerhart Hauptmann, Hochuferstraße 12
Villa für Dr. Ginsberg, Franz-Liszt-Straße 19 (Jugendstil)
Villa Doehn, Emser Allee 38
[Bearbeiten] Städtische Bauten und Verwaltungsgebäude
- Rathaus Pieschen (bis 1891)
- Rathaus Löbtau (bis 1898, 1945 zerstört)
- AOK-Krankenkasse an der Polierstraße (1908-1912)
- Verwaltungsgebäude der Landesversicherungsanstalt, Dürerstraße
- Konkurrenz-Entwurf für ein Hochhaus des Dresdner Anzeigers
ehemaliges Rathaus Löbtau
AOK-Krankenkasse an der Polierstraße (Reformarchitektur)
[Bearbeiten] Kunstausstellungen
- Brunnenhof im Ausstellungspalast 1908: 2 Photographien: Umbau Schloss Elgersburg (Kammerherr von Frege-Weltzien) und 2 Modelle: Badehaus und Mittelbau Bad Elster
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Adressbuch der Stadt Dresden, 1904
- ↑ Mitgliederverzeichnis des Deutschen Werkbundes 1913
- ↑ Sterbeurkunde nebst Gefallenen-Benachrichtigung vom 28. April 1947 via ancestry.de
- ↑ Landkirchen von Schilling & Graebner
- Landkirchen. Entworfen und ausgeführt von den Architekten Schilling & Graebner. Mit einem Geleitwort von Dr. Paul Schumann. Leipzig, Gilbertsche Verlagsbuchhandlung 1903
- Schilling & Graebner, Architekten B.D.A. Dresden, Eine Auswahl Bauten von 1918 bis 1928 mit einem Vorwort von Paul Schäfer
- Ricarda Kube: Schilling und Graebner (1889–1917). Das Werk einer Dresdner Architektenfirma. Dissertation, Technische Universität Dresden 1988, 2 Bände
- Neue Dresdener Architektur: Teil I, Teil II
- Hans-Holger Malcomeß. Die Entwicklung des protestantischen Kirchenbaus der Dresdner Architekturfirma Schilling und Graebner zwischen 1889 und 1917