Bischofswerda
Bischofswerda ist eine Kleinstadt im Landkreis Bautzen etwa 25 km östlich der Stadtgrenze von Dresden. Sie liegt an der B6 und der Eisenbahnlinie, die Dresden mit Görlitz verbinden, sowie an der Wesenitz, die schließlich bei Pirna in die Elbe mündet. Bischofswerda war im Mittelalter eine der wichtigsten Städte auf dem Territorium der ehemaligen Ostmark, die nicht dem Markgrafen, sondern dem Bischof von Meißen unterstanden.
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[Bearbeiten] Topographie
Die Entwicklung von Bischofswerda wurde entscheidend vom Verlauf der Wesenitz geprägt, an deren Krümmung die Stadt liegt. Das sumpfige Umland bot im Mittelalter Schutz gegen Eindringlinge. Später wurden Teiche angelegt.
[Bearbeiten] Geschichte
- Der Legende nach soll Bischof Burchard schon im 10. Jahrhundert an der Wesenitz einen Flecken mit Kapelle als Schutzwall gegen die heidnischen Sorben gegründet haben.[1]
- Nach neueren Überlegungen kann die urkundliche Ersterwähnung Bischofswerdas möglicherweise auf das Jahr 1007 vordatiert werden. König Heinrich II. schenkte damals dem Hochstift Meißen unter Bischof Eido I. drei Kastelle im Gau Milska. Nachdem lange der heutige Stadtteil Großdrebnitz dem Kastell Trebista zugeordnet wurde, gilt seit Alfred Meiche Doberschau bei Bautzen als heutige Ortschaft. Seit wenigen Jahren wird jedoch alternativ argumentiert, dass Trebista eine Fläche mit dem heutigen Bischofswerda als Hauptort gewesen sei.[2]
- Benno von Meißen wird nachgesagt, dass er eng mit Bischofswerda verbunden war und den Ort 1076 zur Stadt erhoben habe, als er das meißnische Land missionierte. Zudem gestattete er demnach der Stadt, die sich nach ihm nannte, die Verwendung der Bischofsstäbe als Wappen. Eine von ihm 1076 gegründete Kirche soll Benno mit wertvollen Reliquien, darunter sechs Altären, beschenkt haben, weswegen Bischofswerda Zielort für Wallfahrten wurde.[3]
- Die gesicherte urkundliche Ersterwähnung stammt aus dem Jahre 1227 und bezieht sich auf Bischof Bruno II.
- Im 13. Jahrhundert findet Bischofswerda Anschluss an das überregionale Straßennetz. Die Frankenstraße stellt eine Verbindung her von Bautzen, wo sie auf die Via Regia trifft, über Dresden, das Erzgebirge, Zwickau, von wo die Via Imperii nach Leipzig abzweigt, bis nach Franken.[4]
- Bischof Withego I. lässt 1286 um die Stadt eine Mauer errichten, unter Withego II. entsteht um 1330 mit dem Amt Stolpen ein einheitlicher Verwaltungsbezirk für die bischöflichen Besitztümer.
- Johann VI. lässt 1498 den Bischofsteich anlegen.
- Georg der Bärtige hält die eigentlich bischöfliche Stadt von 1504 bis 1507 besetzt, weil er von Johann VI. im Streit mit seinem ehemaligen Gefolgsmann Guttenstein nicht unterstützt wurde. Nach der Ermordung des in Bischofswerda geborenen Georg Winckler, der als Prediger am Stift Halle zur lutherischen Lehre übergetreten war, widersprach Georg der Bärtige Luthers Trostschrift mit „Auf Luther’s Schandbüchlein An die Christen von Halle eine Antwort“.
- Die Stadt ging 1559 nach einem Tauschgeschäft von Bischof Johann von Haugwitz mit dem Amt Stolpen in den Besitz von Kurfürst August über, der gleichzeitig die Reformation einführte. Vier Jahre zuvor hatte Hans von Carlowitz im Streit mit dem Bischof vergeblich versucht die Stadt mit Gewalt zu besetzen.[5]
- Die Grenze vom Hochstift Meißen bzw. Kurfürstentum Sachsen zum böhmisch dominierten Markgraftum Oberlausitz verlief bis 1635 durch den heutigen Stadtteil Schönbrunn.
- Bischofswerda brannte mehrfach ab: 1429 durch die Hussiten, 1469, 1583, 1596, 1671.[6]
- 1724 ließ August der Starke in Bischofswerda eine Postmeilensäule errichten.
- 1813 brannte die Stadt während der Besetzung durch die Truppen Napoleons erneut fast vollständig nieder. Sie wurde in den Folgejahren unter Leitung von Gottlob Friedrich Thormeyer wieder aufgebaut, der u. a. das klassizistische Rathaus schuf. 1818 errichteten die Bürger der Stadt nach einer Stiftung von Detlev von Einsiedel auf dem Marktplatz ein Büstendenkmal für König Friedrich August den Gerechten, der den Wiederaufbau beauftragt hatte. Anlässlich der 780-Jahrfeier wurde es am 7. September 2007 wiedererrichtet. Ebenfalls aus diesem Anlass und am selben Ort schuf der Dresdner Uwe Hempel eine moderne Stahlskulptur, die in ihrer Form den Turm des früheren Rathauses und in ihrer Höhe das Jahr der Ersterwähnung der Stadt symbolisiert.
- Nach dem Brand von 1813 stiftete Friedrich August der Gerechte der Bischofswerdaer Begräbniskirche eine Kanzel aus Sandstein. Sie kam aus der Burg Stolpen und es wird vermutet, dass es sich dabei um die Kanzel der alten Frauenkirche von Hans Walther II. handeln soll.[7] Ebenfalls aus Stolpen stammt das Kruzifix von Christoph Walther I.
- Während der DDR-Zeit war Bischofswerda lange Kreissitz. Einer der größten Industriebetriebe war ein Zweigwerk des VEB Herrenmode Dresden. Nach einem zwiwschenzeitlichen Ausbau der Produktion durch die "Le-go Bekleidungswerke" mit Sitz in Hof musste sie 2012 eingestellt werden. Ein Teil der ehemaligen Betriebshallen wurde als Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge genutzt.
- Zwei Jahre spielte der örtliche Fußballverein gegen den "großen Bruder" aus der Bezirkshauptstadt, Dynamo Dresden, in der Fußball-Oberliga.
[Bearbeiten] Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten] Die Christuskirche
Die unweit vom Marktplatz gelegene und 1229 erstmals als Marienkirche urkundlich nachgewiesene Christuskirche gehört heute zu den Wahrzeichen der Stadt. Sie ist mit einer Vielzahl Dresdner Künstler verbunden:
- 1816 bis 1818 Neubau durch Gottlob Friedrich Thormeyer, zur Weihe erklang ein Werk von Hofkapellmeister Francesco Morlacchi, Johann Gottlob Matthäi schuf das neue Taufbecken
- 1825 Einweihung einer von Johann Schneider geprüften neuen Orgel
- 1889 Altarbild Der Auferstandene und die Emmausjünger von Karl Gottlob Schönherr
- 1907 Mosaikbild am Hauptportal Christus, Weg, Wahrheit und Leben von Josef Goller und Villeroy und Boch
- 1926 Erneuerung des Kircheninneren durch Lossow & Kühne
- 1927 Sakristeigemälde Christus, das Licht der Welt von Osmar Schindler
- 1937 Vortragskruzifix für Beerdigungen von Kurt Hauswald in der Sakristei
- 1951 Fertigstellung der Gefallenen-Gedächtnisstätte durch Wolfgang Rauda mit Symbolkreuz von Prof. Zschiesche
- 1951 schmiedeeiserne Lampe an der Sakristei von Wolfgang Rauda.
Taufbecken von Johann Gottlob Matthäi
Inschrift Villeroy & Boch im Mosaik von Josef Goller
Altarbild von Karl Gottlob Schönherr
[Bearbeiten] Tierpark
Der Tierpark ist, obwohl nur 1 ha groß, ein beliebtes Ausflugsziel vor allem für Familien mit Kindern.[8] In unmittelbarer Nähe zum Haupteingang befindet sich das ehemalige Wohnhaus der Familie Hesse.
[Bearbeiten] Karl-May-Spiele
In Bischofswerda finden Deutschlands kleinste Karl-May-Spiele mit den jüngsten Darstellern statt.[9]
[Bearbeiten] Mäandertal der Wesenitz
Von Dresden kommend wenige Kilometer vor Bischofswerda bis zur Stadtgrenze erstreckt sich in Sichtweite südlich der B6 bis zur Eisenbahnlinie das naturbelassene Überflutungsgebiet der Wesenitz mit ihrem Mäanderlauf.[10] Beim Bau der Nord-Süd-Umfahrung von Bischofswerda musste das Tal 208 Meter lang überbrückt werden.
[Bearbeiten] Der "Hunger"
Im Südwesten der Stadt befindet sich das archäologische Kulturdenkmal Hungerau. Das Gebiet einer Wüstung dient heute teilweise als Naherholungsgebiet mit Kleingärten und wird von der Umgehungsstraße südlich der Wesenitzbrücke durchschnitten. Die sogenannte "Haselmausbrücke" soll Fußgängern und Radfahrern, aber auch der seltenen Haselmaus als Straßenübergang dienen. Bei einem Feuer am 23. Dezember 2015 wurde die Brücke beschädigt.[11] Vermutlich handelte es sich um Brandstiftung.
[Bearbeiten] Jakobsweg
Der Sächsische Jakobsweg führt von Bautzen über Bischofswerda, Dresden, Freiberg und Chemnitz bis nach Hof.
[Bearbeiten] Persönlichkeiten
[Bearbeiten] Söhne und Töchter der Stadt
In Bischofswerda geboren sind Balneologe Edmund Friedrich, der Mikrobiologe und spätere Strehlener Bezirksarzt Walther Hesse, der Komponist Johannes Pache, der Musikwissenschaftler Hans Volkmann, der Hofapotheker Georg Fesser und der Politiker Karl Louis Wehinger. Aus den heutigen Stadtteilen Groß- und Kleindrebnitz stammten der Autor der Dresdner Abendzeitung Robert Heller, der Tharandter Akademiedirektor Max Neumeister, der Agrarwissenschaftler Bruno Steglich sowie der Komponist und Professor am Konservatorium Hermann Vetter. Woldemar Heller gehörte zu den führenden Klavierlehrern Dresdens.[12] Im Stadtteil Geißmannsdorf wurde der Maler Ernst Rietzschel geboren.
[Bearbeiten] In Verbindung mit Bischofswerda
Der Dresdner Hofbaumeister Gottlob Friedrich Thormeyer prägte das Antlitz der Stadt nachhaltig im Stil des Klassizismus. Auch die Maler Carl Lohse und Osmar Schindler waren eng mit der Stadt verbunden, der Dresdner Hofmaler Ludwig Otto mit dem heutigen Stadtteil Großdrebnitz. Auch Paul Sinkwitz zeichnete hier.
Der aus Dresden stammende Johann Gottfried Nake betrieb in Kleindrebnitz Schafzucht, der in Dresden geborene Matthäus Fesser war Apotheker und Bürgermeister in Bischofswerda. Hermann Gmeiner-Benndorf gründete im heutigen Ortsteil Goldbach eine Buntpapierfabrik.
Der in Dresden geborene Lehrer und Heimatforscher Frank Fiedler lebte mehr als 60 Jahre in Großdrebnitz bzw. Bischofswerda. Arnošt Wirth ist Mitglied im sorbischen Ältestenrat.
Enge Verbindungen nach Bischofswerda besaß die Familie von Friedrich Wieck. Wieck selbst, dessen Tante Carolina Juliana Theresia geb. Wieck mit dem Pfarrer Carl Friedrich Kunze verheiratet war, besuchte die Stadt mehrmals. Seine Tochter Marie Wieck gab in Bischofswerda ihr Solodebüt. Nach Clara Wieck ist heute eine Straße benannt.
Der seit 2015 amtierende Oberbürgermeister Holm Große war bis 2010 Vorsitzender des Aufsichtsrates von Dynamo Dresden.[13]
Geburtshaus von Johannes Pache und Reste der alten Stadtmauer von Withego I. sowie Mühlteich vor der Christuskirche von Gottlob Friedrich Thormeyer
Geburtshaus von Bruno Steglich in Kleindrebnitz
Klassizistischer Torbogen zu Johann Gottfried Nakes Anwesen, von Gottlob Friedrich Thormeyer in Kleindrebnitz erbaut
[Bearbeiten] Trivia
Schiebock, der Spitzname der Stadt, ist bis nach Dresden bekannt. Seine Herkunft ist allerdings umstritten. Sprachforscher weisen eine sorbische Bedeutung zu: Přibok für "an der Seite" (der Alten Straße) könnte sich auf den bedeutenden Verbindungsweg entlang der Wesenitz zwischen den sorbischen Stämmen in der Oberlausitz (Milzener) und den Nisanern im Elbtal beziehen. Die aktuelle Stadtgeschichtsschreibung argumentiert dagegen, dass sich der Name erst nach dem Stadtbrand von 1813 nachweisen lässt und vermutlich dadurch entstanden sei, dass infolge von Krieg und Zerstörung der einstmals überregional berühmte Markt mit Planwagen durch einen örtlichen Bauernmarkt mit Schiebeböcken abgelöst wurde.
[Bearbeiten] Quellen
- Offizielle Webpräsenz „Bischofswerda”
- Karl Wilhelm Mittag: Chronik der königlich sächsischen Stadt Bischofswerda, Verl. Friedrich May, Bischofswerda 1861
- Webseite der Christuskirche Bischofswerda
- Cornelius Gurlitt: Bischofswerda. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen. 31. Heft: Amtshauptmannschaft Bautzen (I. Teil). C. C. Meinhold, Dresden 1908, S. 20.
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Friedrich Bernhard Störzner:Die Stadtkirche zu Bischofswerda, aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 309-317.
- ↑ Uwe Fiedler: Die deutsche Ostsiedlung zwischen Elbe und Spree: Bischofswerda, Trebista und die Wesenitz. 1. Mai 2017
- ↑ Friedrich Bernhard Störzner:Die Stadtkirche zu Bischofswerda, aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 309-317
- ↑ Mittelalterliche Handelswege in Thüringen und Sachsen
- ↑ Friedrich Bernhard Störzner: Hans v. Carlowitz belagert die Stadt Bischofswerda, aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 349–350
- ↑ Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 824.
- ↑ Walter Hentschel: Dresdner Bildhauer des 16. und 17. Jahrhunderts. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1966, S. 46.
- ↑ Homepage des Tierparks Bischofswerda
- ↑ Karl-May-Spiele Bischofswerda
- ↑ Fotos und Literatur zur Wesenitz auf uwe-fiedler.name
- ↑ SZ-Online vom 24. Dezember 2015
- ↑ Frank Fiedler, Uwe Fiedler: Lebensbilder aus der Oberlausitz: 60 Biografien aus Bautzen, Bischofswerda und Umgebung, Books on Demand, Hardcover, 428 Seiten, 7. erweiterte Auflage, 2017
- ↑ Thilo Alexe: "Wir gegen die. In der Dauerkrise von Dynamo Dresden zeigt sich: Der Verein hat ein schwieriges Verhältnis zur Politik - und umgekehrt". DIE ZEIT, 24. Juni 2010
[Bearbeiten] Weblinks
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Bischofswerda“
- Alle Medien Bischofswerda betreffend bei europeana.eu
- Fotos bei flickr.com
- Alle Medien Bischofswerda betreffend bei zeno.org
- Eintrag zu „Bischofswerda” beim Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen